Wir haben uns gefunden. Im vergangenen Jahr haben wir mit unserer Kampagne so klar und fokussiert wie nie mit unseren Inhalten für Spenden geworben.
Bis dahin haben wir eine Menge ausprobiert. In früheren Jahren gab es Ausflüge in den Kunsthandel, fragwürdige LIVE-Streams, den Kalender der guten Orte, eine gecancelte Tombola und einen Schauspieler, der sich fragt, was er hier soll. Und natürlich gab es viele, viele Rück- und Ausblicke auf netzpolitische Jahre in Text- und Videoform.
Blick zurück: Klare Worte, verschwommene Linien
Wagen wir den Blick zurück. Seit 2013 finanziert sich netzpolitik.org zumindest teilweise über Spenden. Es war damals eine mutige Entscheidung. Niemand wusste, ob das eine nachhaltige Finanzierungsform für guten Journalismus sein kann. Vor allem hatte auch niemand eine Ahnung, wie man eigentlich professionell um Spenden bittet.
Immerhin: Wir warben mit unserer Gemeinnützigkeit und mit Grumpycat für Spenden. Prominent auf der Startseite fand man im Dezember 2013 statt Spendenaufrufen aber Werbung für eigene Bücher. In der Ecke rechts oben stand „vermarktet von ZEIT Online“, denn das Experiment mit Werbeanzeigen auf netzpolitik.org war noch nicht ganz beendet.
Wir setzten damals auf ein Potpourri an Finanzierungsmöglichkeiten, von denen man noch nicht wusste, welche funktioniert. Deswegen war es richtig, sich breit aufzustellen. Diese verschiedenen Säulen der Finanzierung gibt es inzwischen nicht mehr. Nach und nach wurde die Finanzierung über Spenden immer wichtiger, heute stellt sie praktisch unsere einzige Einnahmequelle dar.
Entsprechend hat sich auch unsere Spendenkommunikation verbessert. Große Spendenaufrufe zum Ende des Jahres wurden zum Standard. Und die zehn Gründe, netzpolitik.org im Jahr 2014 zu unterstützen, gelten heute noch (fast) genauso wie damals.
Wir machen einen Livestream!
Auf der Startseite finden sich heute keine Werbeanzeigen mehr, sondern vor allem Artikel. Dazu zwei Spendenbuttons und Navigationshilfen. Das war es. Die Startseite repräsentiert damit die beiden Säulen, auf denen netzpolitik.org beruht: Den Kampf für digitale Grund- und Freiheitsrechte mit journalistischen Mitteln und die Finanzierung über Spenden von ganz vielen einzelnen Menschen, die unsere Unabhängigkeit gewährleisten.
Damit dieses Modell weiter funktioniert, haben wir in den vergangenen Jahren viel ausprobiert. Regelmäßig fragen Ole und ich uns heute, ob dieses eine – in Teilen des Teams schambehaftete – Video noch irgendwo online ist: Der Weihnachts-Livestream. Es war 2018. Ich baute ein Lebkuchenhaus, druckte die Gesichter der Redaktion aus, drapierte alles mit weihnachtstypischen Elementen auf einem Tisch. Markus und Constanze saßen dahinter und plauderten, ein als Weihnachtsmann verkleideter David Bredin stürmte die Szene. Der Rest ist Geschichte und das Video aus gutem Grund nicht auf Youtube gelistet.
Der LIVE-Stream erzielte damals 249 Aufrufe. Weniger als jeder unserer Tweets und Tröts. Er ist ein schönes Zeitdokument für uns, aber für Spendenkommunikation überhaupt nicht geeignet. Auch die Idee einer Tombola haben wir aus rechtlichen Gründen wieder verworfen, die Anforderungen an Glücksspielveranstalter waren uns irgendwie zu hoch. Besser sind wir, wenn wir gewohnte Kanäle und Kommunikationsformen bespielen, die ohnehin genutzt werden.
Wir versteigern Kunst!
Dennoch zählt zu den überraschendsten Erfolgen unserer vergangenen Spendenkampagnen zweifelsfrei unser Ausflug in den Kunsthandel im Jahr 2021. Als Tina vorschlug, den Künstler Timo Wuerz netzpolitische Zeichnungen anfertigen zu lassen, wurde dies zunächst noch von Teilen des Teams kritisch gesehen. Doch der Künstler fertigte drei Zeichnungen von Edward Snowden, Julian Assange und einem Hirsch im Wald für uns an. Die Auktion lief nur ein paar Tage und am Ende standen wir mit unfassbaren 28.000 Euro da. Eines der Bilder verkaufen wir als Druck noch immer in unserem Shop. Seitdem schreiben uns immer wieder Kunstschaffende an, um uns ihre Kunst für eine weitere Versteigerung zu überlassen. Vielleicht kommen wir noch einmal darauf zurück – artpolitik.org.
Auch der Kalender der guten Orte, in dem wir jeden Tag ein tolles netzpolitisches Projekt vorstellten, war eine wunderbare Würdigung der vielen Anderen auf dem netzpolitischen Feld und deswegen richtig. Spenden brachte der Kalender eher weniger, aber genau das ist das Schöne an einem Ort wie netzpolitik.org. In erster Linie geht es um die gute Sache. Im zweiten Schritt darum, Menschen darauf aufmerksam zu machen und netzpolitik.org bei Gefallen auch finanziell zu unterstützen.
Wir sind wir
Nach allem Ausprobieren hatten wir im Dezember 2022 endlich das Gefühl, wir sind dort angekommen, wo wir mit unserer Spendenkampagne hinwollen. Die Inhalte sollten im Vordergrund stehen – in einer Art und Weise präsentiert, die anders und für uns neu ist. Wir wollten eine Form, die für netzpolitik.org-Ultras ebenso spannend ist wie für Menschen, die uns noch gar nicht kennen. Deshalb haben wir die Redakteur:innen und ihre Themen in den Mittelpunkt gerückt. Entstanden sind acht Texte und Videos über unsere Kernthemen aus einer sehr persönlichen Perspektive derjenigen, die bei netzpolitik.org darüber schreiben. Wie diese Erfahrung für das Spendenkampagnen-Team war, könnt ihr gern im Off-The-Record-Podcast nachhören.
Die Kampagne hat uns geholfen, trotz Wirtschaftskrise und Zukunftsängsten erneut die Millionen-Euro-Grenzen zu knacken. Zwar haben wir unser ambitioniertes Spendenziel leicht verfehlt, doch während fast alle anderen Organisationen einen Spendenrückgang hinnehmen mussten, sind unsere Einnahmen sogar leicht gestiegen.
Wir haben uns gefunden in den Jahren des Ausprobierens. Wir sind noch nicht fertig und werden noch viel ausprobieren. Aber diese Art der Kampagne wird keine amüsante Erinnerung bleiben, sondern die Blaupause für alles, was noch kommt. Wir freuen uns sehr, dass ihr auch so viel Freude dabei hattet und uns im zweiten Jahr hintereinander über die Millionengrenze getragen habt!
Die harten Zahlen
Was bedeutet das für unsere Einnahmen und Ausgaben im Dezember? 386.046 € gingen vom 01. bis 31.12.2022 auf unserem Konto ein. Im Weihnachtsshopping habt ihr weitere 420 € im Merchstore gelassen und knappe 200 € bekam netzpolitik.org als Verlagsanteil. Für 16.115 € verkauften wir Bitcoins. Der Verkauf wird allerdings erst im Jahresabschluss final berücksichtigt, da die Beurteilung der Kursschwankungen korrekt vorgenommen werden soll.
Die Personalkosten beliefen sich auf 76.624 € und lagen somit im Normbereich. Die Kosten für Fremdleistungen waren dafür mit insgesamt 10.260 € höher als üblich. Neben den Artikeln der freien Journalist*innen sind hier auch die Leistungen derjenigen freien Mitarbeitenden enthalten, die uns in der Spendenkampagne ganz wesentlich unterstützt haben. Durch die Erstellung von Podcasts, Videos und Portaitfotos für die Webseite. Zudem gab es das vorletzte Organisationsentwicklungstreffen im Dezember, zu welchem auch ein Moderator uns unterstütze.
Verwaltung und Infrastruktur schlugen zum Jahresende noch einmal mit 7.000 € zu Buche. Hier beliefen sich allein die Nebenkosten des Geldverkehrs auf 3.730 €. Eine ungewöhnlich hohe Zahl mit einer simplen Erklärung: Jede Spende löst auch Gebühren aus. Allein Paypal veranschlagte über 3.000 € Gebühren allein im Dezember. Insbesondere bei kleinen Spenden macht sich das bemerkbar. Für uns ist das nur einer der Gründe, warum wir Daueraufträge auf unser Konto den Spenden bei Paypal vorziehen. Außerdem kamen noch Ausgaben für Software (1.170 €) und sonstige IT-Infrastruktur (1.500 €) hinzu.
Die Raumkosten waren mit 4.300 € im üblichen Rahmen. Der Posten für Bewirtung, Aufmerksamkeiten und Reisekosten lag mit 1.300 € etwa auf dem Niveau der Vormonate, da im Dezember die letzte Organisationsentwicklung stattfand. Wir schließen damit für den Dezember mit einem Plus von 287.600 € ab.
Danke für Eure Unterstützung!
Wenn ihr uns unterstützen wollt, findet ihr hier alle Möglichkeiten. Am besten ist ein Dauerauftrag. Er ermöglicht uns, langfristig zu planen:
Inhaber: netzpolitik.org e. V.
IBAN: DE62430609671149278400
BIC: GENODEM1GLS
Zweck: Spende netzpolitik.org
Wir freuen uns auch über Spenden via Paypal.
Wir sind glücklich, die besten Unterstützerinnen und Unterstützer zu haben.
Unseren Transparenzbericht aus dem November findet ihr hier.
Vielen Dank an euch alle!
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